Wie es eben in der Natur des Menschen liegt, wir wollen von allem möglichst viel und dann auch noch so schnell wie möglich. So ist das natürlich auch mit dem Abnehmen.
Hinzu kommt, es ist Sommer und der Strandurlaub naht. Es wird höchste Zeit etwas für die Figur zu tun.
Gerade in der jetzigen Zeit sind wir super empfänglich für Crash-Diäten und deren mehr oder weniger guten Werbekampagnen.
Suchmaschinen wie Google ermöglichen es heutzutage ganz schnell ein Diätkonzept zu finden, welches mit der Schlagzeile wirbt „Wie Du in 2 Wochen 10 Kilo Gewicht verlierst“. Die Vorher/Nachher Bilder der Testimonials geben den Rest. Wo Uschi im „Vorher“ Bild mit ausladender Hüfte und Horst mit markantem Rettungsring um den Bauch leidend in die Kamera schauen, strahlen beide 2 Wochen später über beide Backen (ähhmm Wangen) – deutlich schlanker, mit eingezogenem Bauch und stolzer Haltung.
Diese visuellen Werbemaßnahmen funktionieren wunderbar. Denn genauso schlank und vor allem glücklich wie Uschi und Horst möchten wir auch sein. Und schon beginnt das Dilemma. In den meisten Fällen zahlen wir (vor allem die weibliche Spezies) sogar noch einen Batzen Geld um uns dann 2 Wochen mit einer stark kalorienreduzierten Diät zu quälen. Nach ein paar Tagen fühlen wir uns schon leichter und die Waage zeigt auch einen deutlichen Gewichtsverlust.
Aber was genau passiert da gerade in unserem Körper, wenn wir uns in einem drastischen Kaloriendefizit befinden?
Unser Organismus befindet sich in voller Alarmbereitschaft, denn er bekommt (in den meisten Fällen) nicht einmal mehr die Energie zugeführt, die den Grundumsatz abdeckt. Der Grundumsatz ist die Energie die in kompletter Ruhe benötigt wird damit all unsere Organe, Hormone etc. optimal funktionieren. Und da er unbedingt überleben möchte, führt er sofort eine Gegenregulationsstrategie ein.
Abwehrmechanismen unseres Körpers bei kalorienreduzierten Diäten
Muskelabbau/Grundumsatzrückgang
Wenn unser Organismus merkt, dass er zu wenig Brennstoff (Nährwerte) bekommt damit der Motor ordentlich läuft, wird zuerst einmal Energie aus dem am schnellsten verfügbaren Glykogen (Zucker) und dem wichtigen körpereigenem Eiweiß geholt. Es dauert eine Zeit bis die Energie tatsächlich aus dem Körperfett gezogen wird. Körperfett stellt schließlich ein wertvolles Depot für schlechte Zeiten dar. Genau dies wird unserem Körper mit einer drastisch reduzierten Kalorienzufuhr vorgegaukelt. Bedeutet: Das Gewicht welches wir zu Anfang einer Diät verlieren ist vorerst eine ganze Menge Wasser, an welches die zur Zündstoff verwendeten Glykogenspeicher und Körpereiweiße gebunden sind. Und wenn wir während der Diät keinen Sport (insbesondere Krafttraining) betreiben und somit unseren Muskeln das Signal geben sie werden nicht unbedingt benötigt, findet genau da, nämlich in den Muskeln, eine Abnahme statt. Unterstützt wird der Muskelschwund zusätzlich wenn wir zu wenig Nahrungseiweiß aufnehmen.
Die Wichtigkeit des Muskelerhalts bei einer Diät
Muskeln sind kleine Fettverbrennungsmaschinen. Diese aufzubauen oder zumindest zu erhalten ist wichtig, denn sie halten unseren Stoffwechsel aktiv. Bei den sogenannten Crash Diäten, bei denen man durchaus und je nach Ausgangsgewicht 5-10 kg an Körpergewicht verlieren kann, handelt es sich also überwiegend um Wasser und Muskelmasse. Meist lediglich nur einen geringen Anteil an Körperfett.
Das große Problem wenn wir Muskelmasse verlieren ist, dass sich unser Grundumsatz verringert. Der Organismus passt sich an und arbeitet effizienter, so dass wir weniger Kalorien benötigen um zu überleben.
In Zeiten als wir Jäger und Sammler waren eine sehr schlaue Strategie unseres Körpers, denn nicht immer standen uns ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung. Heutzutage, wo Lebensmittel im Übermaß vorhanden sind, ist dies jedoch sehr tückisch.
Sobald wir nämlich mit der Diät aufhören und wieder essen wie zuvor befindet sich unser Stoffwechsel noch im Schlaf- bzw. Hungermodus und benötigt eine Weile um sich wieder zu erholen. Alles was wir ihm nun zuführen und nicht benötigt wird, wird ohne Umwege ins Fettgewebe eingelagert. Und genau so passiert es, dass wir nach einer Diät ganz schnell wieder alles zunehmen und am Ende ggf. sogar dicker sind wie noch vor der Diät.
Wie unsere Hormone den Fettabbau hemmen
Und da sind sie wieder, die lieben Hormone. Die Hormonelle Balance spielt eine zentrale Rolle beim Thema Gewichtsmanagement. Eine stark kalorienreduzierte Diät kann unsere Hormone ganz schön durcheinanderbringen. Negativ beeinflusst werden beispielsweise die Testosteronwerte, die Cortisol-Werte sowie die Schilddrüsenfunktion.
Schilddrüsenhormone
Unsere Schilddrüsenhormone steuern auf vielfache Weise den Stoffwechsel und bilden die wichtigen Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4).
Bekannt ist, dass bei einer stark kalorienreduzierten Diät eine verminderte Aktivierung des Schilddrüsenhormons T3 aus T4 stattfindet. Ein weiteres Notfallprogramm, welches unser Körper vollzieht um Energie einzusparen. T3 ist aber das wichtigste Hormon, das unseren Grundumsatz festlegt. Wenn unser Körper also weniger T3 herstellt heißt das im Klartext, der Grundumsatz sinkt, wir benötigen weniger Kalorien für unseren Energieverbrauch und somit wird die Fettverbrennung gehemmt (1,2,3).
Testosteron
Der Spruch „hier riecht es förmlich nach Testosteron“ wenn man einen muskelbepackten Mann sieht, kommt nicht von ungefähr, denn das Sexualhormon besitz unter anderem eine anabole (Muskelaufbauende) Wirkung. Aber auch wenn Testosteron den Ruf hat, dass Männer-Hormon schlechthin zu sein, ist es ebenso lebensnotwendig für die Frau. Frauen produzieren zwar viel weniger davon, aber auch bei dem weiblichen Geschlecht ist dieses Hormon an wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt.
Belegt ist, dass bei stark eingeschränkter Kalorienzufuhr, bei Vitamin- und Mineralstoffmangel sowie einer Low-Fat Diät auch das Testosteron sinkt. Dies begünstigt jedoch den Muskelschwund. Und wie ihr mittlerweile verstanden haben solltet, ist das die Art von Schwund bzw. Gewichtsabnahme die es auf jeden Fall gilt zu vermeiden. Auch in punkto Fettabbau ist ein Testosteronspiegel im Normalbereich erstrebenswert, denn es erhöht die beta-adrenergen Rezeptoren. Diese wiederum haben den Effekt, die Lipolyse anzutreiben. Bei der Lipolyse handelt es sich um den Abbau von Triglyceriden (eine Art von Blutfetten) aus dem Fettgewebe zum Zwecke der Energiebereitstellung. Deren Gegenpart, nämlich die alpha-Adrenozeptoren hemmen diese Wirkung.
Um den Fettabbau in Gang zu bringen möchten wir also möglichst viele beta-adrenergen Rezeptoren und möglichst wenige alpha-2-adrenergen Rezeptoren. Macht Sinn, oder?
Diese fiesen alpha-2-adrenergen Rezeptoren sitzen übrigens oft im Übermaß im Fettgewebe an den Problemzonen und lassen viele Abnehmversuche genau an diesen Stellen im Frust enden (4,5).
Auch die Genetik spielt eine Rolle beim Verhältnis von alpha-2- und beta-adrenerge Rezeptoren in unseren Fettzellen. Durch Sport und einer bedarfsgerechten und angemessene Ernährung werden die beta-adrenegen Rezeptoren jedoch erhöht und somit trotz eventuell ungünstigen Genen ein langfristiger Abbau des Fettgewebes gewährleistet.
Cortisol
Cortisol wird vermehrt bei anhaltendem Stress freigesetzt. Aus diesem Grund ist es auch bekannt als Stress-Hormon. In Bezug auf den Muskelaufbau ist Cortisol genau das Gegenstück zu Testosteron, denn es hat eine katabole (muskelabbauende) Wirkung. Bei Stress jeglicher Art (psychisch sowie physisch) und somit auch durch ein starkes Kaloriendefizit ist Cortisol automatisch erhöht. Und eins wissen wir nun: Genau, der Erhalt von Muskelmasse sollte immer das Ziel sein um effizient Körperfett zu reduzieren und/oder um zu vermeiden, dass sich das bereits reduziertes Körperfett wieder ansammelt (6).
Sättigungshormone
Mechanorezeptoren im Magen senden bei Nahrungsaufnahme und bei einem gewissen Füllstand und Dehnung der Magenwände erste Sättigungssignale an das Gehirn. Entscheidender für die Entstehung von Sättigungsgefühlen sind jedoch die Botschaften der Chemorezeptoren in Darm und Leber, die den Nährstoffgehalt der aufgenommenen Nahrung ermitteln. Ein zu geringer Nährstoffanteil einer Mahlzeit löst erneute Hungergefühle aus, sobald im Hypothalamus dieses Defizit registriert wurde.
Des Weiteren sind aber auch einige Hormone an der Regulierung von Hunger und Sättigung beteiligt. In einer Studie wurde beispielsweise gezeigt, dass sogar 1 Jahr nach einer 10-wöchigen und stark kalorienreduzierten Diät die Hormonwerte nicht das Ausgangslevel vor der Diät erreicht hatten, welches eventuell darauf schließen lässt, dass ein verstärktes Hungergefühl auch lange nach der Diät zu einer Zunahme führt (7).
Leptin
Leptin sitzt in den Fettzellen, reguliert das Auftreten von Hungergefühl und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Fettstoffwechsels. Je mehr Fett eingelagert ist, umso höher auch die Leptinmenge im Blut. Bei gut gefüllten Fettspeichern sollte es im Prinzip hungerdämpfend wirken.
Nach dem aktuellen Forschungsstand wird davon ausgegangen, dass ein Leptinmangel zwar zu verstärkten Hungergefühlen führt um den Körper vor einer Mangelversorgung zu schützen Ein Leptinüberschuss hat aber keinerlei gegenteilige Auswirkungen.
Grehlin
Ghrelin ist praktisch der Gegenspieler von Leptin, denn es ist ein appetitanregendes Hormon. Es wird in der Magenschleimhaut und im Hypothalamus gebildet. Es erhöht die Darmaktivität und beeinflusst die Säureproduktion. In Hungerphasen steigt der Grehlinspiegel im Blut und somit der Appetit. Nach dem Essen sinkt der Grehlinspiegel wieder ab. Bei starkem kaloriendefizit ist klar, dass in Studien eine Erhöhung von Ghrelin festgestellt wurden konnte.
Diesbezüglich gibt es jedoch zahlreiche Theorien. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Bezug auf Hunger- und Sättigung hochkomplexe physiologische und zentralnervöse Regelnetzwerke beteiligt sind, deren genauen mechanistischen Zusammenhänge noch weitgehend unklar sind.
Reduktion von Bewegungsumfängen während einer Diät
Ein weiterer Abwehrmechanismus unseres Körpers Fett abzubauen ist die bewusste oder unbewusste Einsparung von körperlichen Aktivitäten, welche den Gesamtenergieumsatz senkt.
Schlusswort
Ich hoffe ich konnte euch deutlich machen, dass drastische Reduktionsdiäten keine langanhaltende und gesunde Option darstellen. Eine zu geringe Nährstoffaufnahme bedeutet Stress und führt zu bestimmten Gegenreaktionen, welche lediglich der Anpassungen im Energiehaushalt (Ökonomisierung) dienen um den Abbau der Fettdepots zu stoppen und Hungertod zu vermeiden.
Das Abnehmen ist prinzipiell keine schwere Sache. Wir alle haben schon einmal ein paar Kilos abgenommen. Das schwierigste an der ganzen Geschichte ist es dabei gesund und glücklich zu bleiben und das Gewicht im Anschluss auch zu halten.
Eine konstante und anhaltende Gewichtsreduktion ist ein großes Projekt und sollte tatsächlich ganzheitlich gesehen werden. Viele denken sie müssen erst ein paar Kilos abnehmen um zufriedener, glücklicher und ausgeglichener zu sein oder um wertgeschätzt und geliebt zu werden. Tatsächlich aber sollte man daran arbeiten seinem Körper zu akzeptieren und ihm selbst Liebe und Wertschätzung entgegenbringen. Wenn Du anfängst mit ihm anstatt gegen ihn zu arbeiten wird es Dir auch leichter fallen überflüssiges Körperfett loszuwerden.
Jahrelang wurde uns erzählt, dass wir nur weniger essen und uns mehr bewegen müssen um abzunehmen. Theoretisch stimmt das auch. Praktisch steckt jedoch noch viel mehr dahinter.
Es ist an der Zeit, alles was uns jahrelang vorgegaukelt wurde zu vergessen, die Festplatte komplett zu löschen und anzufangen logisch zu denken.
Eine Kalorie ist nicht gleich eine Kalorie. Wir tun uns keinen Gefallen damit unseren Körper mit Fett- und Kalorienreduzierten Lebensmitteln, die voller Chemie und künstlicher Zusatzstoffe sind, vollzustopfen um ein paar Kilos zu verlieren.
Es mag nicht logisch für Dich klingen, aber tatsächlich ist es so, dass Du die Aufnahme Deiner Nahrung nicht auf ein Minimum reduzieren oder mit diversen Diätprodukten ersetzen solltest, sondern genügend von den richtigen Lebensmitteln essen musst, um Deinen Hormonhaushalt in einem Gleichgewicht zu halten.
Um gesund schlank zu werden und auch zu bleiben gilt es die Abwehrmechanismen unseres Körpers zu vermeiden.
Gib Deinem Körper die Energie, die er benötigt, also genügend Kohlenhydrate, ausreichend Eiweiß und genügend gesunde Fette und er wird automatisch überflüssiges Fett abbauen und sich auf ein Normalgewicht einpendeln.
Wenn er hartnäckig an ein paar Reserven festhält (bei Frauen vor allem an Hüften und Beine), dann vielleicht aus einem sehr guten Grund. Denn tatsächlich sind ein paar Prösterchen durchaus überlebensnotwendig.
Ich lege Euch wirklich ans Herz keine kurzweiligen Diäten mit diversen Namen, wie die New York Diät, die Sauerkraut Diät, Die Kohlsuppendiät etc. durchzuführen und Euch mit dem Thema vorab grundlegend auseinanderzusetzen und/oder euch an einen vertrauenswürdigen und kompetenten (!!!) Ernährungsberater, Personaltrainer, Gesundheits-oder Lebenscoach zu wenden.
Euer Körper vollbringt jeden Tag tolle Dinge für Euch, unterstützt ihn dabei und schenkt ihm mehr innere Aufmerksamkeit und vergisst die Äußerlichkeiten. Es mag ein längerer Prozess sein, aber jeder Tag wird Dich näher zu einem gesunden und glücklichen Leben bringen.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit kurzfristigen Crash-Diäten gemacht?
Ich freue mich über jedes Kommentar.
Eure Isabel
Referenzen
- E Danforth et. al: Dietary-induced alterations in thyroid hormone metabolism during overnutrition, J Clin Invest. 1979 Nov
- T Reinehr et al.: Thyroid hormones before and after weight loss in obesity, Arch Dis Child 2002
- Meikle AW: The interrelationships between thyroid dysfunction and hypogonadism in men and boys, 2004
- Asano K, Maruyama S, Fujimoto N: Regulation of estrogen receptor alpha and beta expression by testosterone in the rat prostate gland Endocr J. 2003 Jun
- Klibanski A, Beitins IZ, Badger T, Little R, McArthur JW: Reproductive function during fasting in men, J Clin Endocrinol Metab. 1981 Aug.
- Tomiyama AJ1, Mann T, Vinas D, Hunger JM, Dejager J, Taylor SE, Low calorie dieting increases cortisol, Psychosom Med. 2010 May
- Prya Sumithran, M.B, B.S., Luke A. Prendergast, PH.D. et al.: Long-Term Persistence of Hormonal Adaptations to Weight Loss,N Engl J Med 2011